Früh im Wagen – Interpretation Eduard Mörike

Das vorliegende Gedicht von Eduard Mörike „Früh im Wagen“ behandelt die Sehnsucht und Trauer des lyrischen Ichs, welches im Traum den Abschied vom geliebten Partner durchlebt. Motive wie Sehnsucht, Trauer und Abschied spielen eine zentrale Rolle, charakterisiert durch den Verlust des Partners, den das lyrische Ich nicht vergessen kann.

Zu Beginn betrachtet das lyrische Ich den Morgenhimmel, an dem der Mond noch zu sehen ist. Im Traum sieht es seinen Partner, den es in der Nacht verabschiedet hat, was das lyrische Ich zum Weinen bringt. Sowie der Morgen graut, verschwindet auch der Traum und ein Schauer nähert sich dem lyrischen Ich.

Das Gedicht weist einen dreihebigen Jambus mit männlicher Kadenz auf. Es besteht aus sechs Strophen à vier Versen und folgt dem Schema des Kreuzreims.

Es wird der Eindruck vermittelt, dass die ersten beiden Strophen, sowohl die Strophen drei bis fünf, als auch die sechste Strophe einzelne Sinnabschnitte bilden.

In den ersten beiden Strophen wird die Ausgangssituation beschrieben, in der das lyrische Ich den herannahenden Morgen sieht (Z. 1 „Morgenreif“), jedoch zunächst unklare Formen wahrnimmt (Z. 3 „blasser Streif“), sodass das Gefühl vermittelt wird, das lyrische Ich wäre soeben aufgewacht. Gerade erst ist der Morgenstern aufgegangen, dennoch ist der Mond noch zu sehen (Z. 6, 8). Der Mond, zum einen Symbol für die Sehnsucht, lässt Tag und Nacht scheinbar verschmelzen. Zum anderen steht der Mond auch für den Tod. So ist es möglich, dass das lyrische Ich in der Nacht zuvor den geliebten Partner verloren hat, jedoch dieses Erlebnis nicht verarbeiten konnte und über Nacht sich seine Trauer mit der neuen Hoffnung, welche die Metapher des anbrechenden Tages verbildlicht (Z. 5 „Man sieht im Lichte bald“), vermischt.

In der dritten Strophe wird der Traum bereits eingeleitet. Obwohl das lyrische Ich durch die Sehnsucht in die Ferne drängt (Z. 10 „Den schon die Ferne drängt“), ist es noch zu sehr mit der „Abschiedsnacht“ (Z. 12) verbunden, in der es einerseits Glück und Schmerz empfunden hat. Dies zeigt sich vor allem im Paradoxon „Schmerzensglück“ (Z. 11), da gleichzeitig Negatives (Schmerz) und Positives (Glück) in der Nacht vereint werden.

Früh im Wagen – Interpretation

Aufgewühlte Gefühle spielen auch in den weiteren beiden Strophen eine zentrale Rolle. Obwohl es dem lyrischen Ich verkommt, als wäre sein Geliebter noch da (Z. 16 „Dein Flüstern mich noch hier.“), so sieht es in dessen Augen einen „dunklen See“ (Z. 14) und „Purpurschwärze“ (Z. 19) umgibt das lyrische Ich. Hier findet scheinbar ein Wechselspiel der Gefühle statt: Einerseits empfindet es Glück beim Gedanken an den Kuss des Geliebten (Z. 15), gleichzeitig wird es von Trauer, hier als Metapher durch „Purpurschwärze“ (Z. 19) dargestellt, umhüllt. Der Bund zwischen dem lyrischen Ich und dem Partner scheint lebendig und fast schwebend über ihrem Schicksal zu kreisen, da das lyrische Ich „umwebt“ wird vom schönen Kuss als auch vom dunklen See der Augen. Diese Metapher könnte ebenso wie der Mond auf den Tod des Partners hindeuten, da die Augen schwarz sind, wie die eines Toten, so dass sie das lyrische Ich in tiefer Trauer zurücklassen (Z.17-18 „An deinem Hals begräbt sich weinend mein Gesicht,“).

Die dadurch entstandene Schwärze jedoch wird durch die personifizierte Sonne hinweggeschoben (Z. 21-22 „ Die Sonne […] scheucht den Traum hinweg im Nu,“), die in der letzten Strophe den Abbruch des Traumes verdeutlicht. Die im Traum entstandene Sehnsucht konnte nicht gestillt werden und vom Berg kommt nun ein Schauer (Z. 24), also eine eher ungewisse Zukunft auf das lyrische Ich zu.

Der im Traum beschriebene Zustand zwischen Trauer, Glück und Sehnsucht lässt darauf schließen, dass das lyrische Ich nach Transzendenz, die Vereinigung nach dem Tode, strebt, da es den Traum und den Verlust des Partners nicht hinter sich lassen kann und ebenso wenig die darin aufgekommenen Gefühle. Die Beschreibung der Natur gleicht einer realistischen Darstellung, die im Traum mit den Sehnsüchten des lyrischen Ichs versponnen ist.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass vor allem Motive der Romantik Einfluss auf die Stimmung des lyrischen Ich nehmen. Zu diesen zählt die Sehnsucht nach Vereinigung mit dem wahrscheinlich toten Partner, die im Traum zwar gleichzeitig durch Schmerz und Glück gezeichnet ist, jedoch nicht gestillt wird. Einerseits drängt das lyrische Ich in die Ferne, andererseits kann es seine Trauer über Verlust des geliebten Partners nicht vergessen.

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