Zurück zur Übersichtsseite von Emilia Galotti von Gotthold Ephraim Lessing
Charakterisierung Der Prinz Hettore von Guastalla:
Der Prinz tritt in dem Stück „Emilia Galotti“ als gemischter Charakter auf. Er hat sowohl schlecht, als auch gute Eigenschaften an sich.
Er ist launisch, egoistisch und überheblich. Nachdem Marinellis Plan, Appiani als gesandten nach Massa zu schicken fehl schlägt, tadelt er Marinelli :
„Ich versprach mir von ihrem Einfalle so viel! – Wer weiß wie albern sie sich dabei genommen“(S.40). Doch dieser Ausspruch ist kein einmaliges Vorkommnis, sondern obwohl Marinelli ihm nur helfen will und der Prinz ihn ebenfalls gerne als Freund betrachten würde, sobald es Probleme gibt oder dies zu seinem eigenen Nutzen wäre, behandelt er diesen stets von oben herab. So wird Marinelli von ihm unterwiesen, der Prinz „er habe zu fragen, [..] nicht er“(S.15).
Eine weitere ungute Eigenschaft vom Prinzen wird deutlich dargestellt, nämlich seine Flüchtigkeit in Beziehungen zu Frauen. Der Prinz hat an Frauen ein rein sexuelles Interesse. Dies zeigt sich daran, wie er über Gräfin Orsina redet und daran, dass er wenn er Emilia beschreibt, nur ihre Schönheit hervorhebt. Dies drückt aus, dass es sich nie um Liebe, sondern stets um Begehren handelt. Im weiteren Verlauf des Stücks wird deutlich, dass der Prinz seine Staatsgeschäfte nicht immer nach bestem Wissen und Gewissen führt, sondern jeweils nach seiner Laune. Ihm ist nicht bewusst, welchen Ernst er seinen Aufgaben entgegenzubringen hat. Er will beispielsweiseein Todesurteil unterschreiben, ohne es zu lesen. Eine weitere Stelle lässt auf die Willkürherrschaft des Prinzen schließen, da er aus den an ihn gerichtet Bittschriften nicht die wichtigste oder am besten begründetste auswählt, sondern die deren Absender Emilia heißt, so wie seine Angebetete.
Hierdurch wird ganz deutlich, dass die Herrschaft des Prinzen auf reiner Willkür basiert. Jedoch kann Lessing seine Hauptfigur nicht durch und durch schlecht charakterisieren, deshalb gibt er dem Prinzen auch eine menschliche, positive Seite.
Der Prinz sieht nicht nur in sich selbst das Gute, sondern schätzt auch andere Menschen hoch. Besonders deutlich wird dies darin, wie löblich er von Odoardo Galotti spricht, der ja zu seinen politischen Gegnern zählt. Er bezeichnet ihn als alten „Degen, stolz und rau, sonst bieder und gut!“(S.9). Noch deutlicher wird dies in seiner Beurteilung Appianis, den er ebenfalls lobt, obwohl er der Verlobte seiner Angebeteten und somit ein großer Konkurrent ist. Nach der Meinung des Prinzen ist Appiani „bei alledem [..] ein sehr würdiger junger Mann voller Ehre“(S.14). Daraus lässt sich schlussfolgern, dass er kein reiner Egoist ist, sondern sehr wohl auch anderen Menschen seine Wertschätzung zeigt. In die Intrige, die Appianis Tod zur Folge hatte, ist der Prinz auch ohne eigenes Verschulden verwickelt worden. Obwohl diese natürlich zum Nutzen des Prinzen ist, kann der Prinz den Tod des Grafen Appiani nicht mit seinen moralischen Wertvorstellungen vereinbaren: „Bei [..] dem allgerechten Gott! Ich bin unschuldig an diesem Blute. – Wenn sie mir vorher gesagt hätten, dass es dem Grafen das Leben kosten werde- Nein, nein!“(S.54) Dies beweißt, dass man den Prinzen nicht als grundsätzlich moralisch schlecht ansehen darf. Denn eine weitere gute Eigenschaft die er hat ist seine Menschlichkeit. Er ist in vielen Situationen ergriffen, fühlt mit anderen mit und hat auch menschliche Schwächen. Man sieht also, dass sich der Prinz auf der einen Seite zwar überheblich und egoistisch verhält und Frauen als Objekte sieht. Er ist sich auch nicht gewahr, dass er seine Macht sinnvoll für das Volk einsetzen soll. Anderseits ist er auch nicht der Hauptintrigant und ihm ist bewusst, dass das, was er zu verantworten hat nicht richtig ist. Der Prinz ist menschlich aber bisweilen hilflos und seine Wertschätzung anderer ist hoch. Er wird auf diese Weise als normaler Mensch, mit all seinen guten und schlechten Eigenschaften dargestellt.