Schlagwort: Der Vorleser

  • Der Vorleser Bernhard Schlink Inhaltsangabe Zusammenfassung

    Der Vorleser Bernhard Schlink

     

    Inhaltsangabe Zusammenfassung

     

    1. Teil

    2. Teil

    3. Teil

     

     

    1. Teil

    Kapitel 1.
    der Ich-Erzähler erzählt von dem Ereignis, als er sich auf dem Nachhauseweg von der Schule auf der Straße übergeben muss
    dabei wird er von einer Frau gesehen
    diese hilft ihm und nimmt ihn mit nach Hause, um ihn zu waschen
    danach bringt sie ihm in die Blumenstraße
    er soll sich von seiner Mutter aus bedanken
    5 Monate später bedankt er sich erst, weil der Arzt Gelbsucht feststellt 

    Kapitel 2.
    er beschreibt den Weg von der Blumenstraße bis hin zur unbekannten Frau
     

    Kapitel 3.
    er erinnert sich an die Frau und an das Haus, in dem sie wohnt

    Kapitel 4.
    er besucht Frau Schmitz (die ihn geholfen hat)
    der Besuch endet damit, dass er sie nackt sieht
    später ärgert er sich über sein Verhalten
    er meint, dass nicht ihr Äußeres, sondern ihr Inneres ihn beeindruckt hätte

    Kapitel 5.
    eine Woche später besucht er sie wieder
    es ist für ihn qualvoll, weil er die ganze Zeit im Krankenbett liegt
    er selber empfindet Sehnsucht nach Frau Schmitz

    Kapitel 6
    er wartet bei ihr an der Tür
    Frau Schmitz kehrt von der Arbeit zurück nach Hause
    er erkennt, dass sie Bahnschaffnerin ist
    er holt dann Kohle aus dem Keller und ist dreckig danach
    er geht bei ihr baden und sie verführt ihn beim abtrocknen

    Kapitel 7
    in der Nacht verliebt er sich in sie
    er erinnert sich, wie seine Mutter ihn umsorgte und verwöhnte
    in der Schule will er seine Männlichkeit zur Schau stellen
    er will Frau Schmitz wieder sehen 

    Kapitel 8
    er schwänzt jetzt öfters die letzte Schulstunde, um bei ihr zu sein, wenn ihre Schicht zu Ende ist
    sie lieben sich und um halb zwei geht er immer Mittagessen zu Hause
    später fragen sie sich gegenseitig, wie sie überhaupt heißen (Vorname)
    er erzählt ihr, dass er die Schule schwänze, um sich mit ihr zu treffen
    sie selber erzeugt Zorn und meint, dass er in der Schule Leistungen bringen soll

    Kapitel 9
    er meint, dass das Glück vergangen sei und das er nicht wahrgenommen wurde von den Lehrern und Mitschülern
    er erzählt aus der Zeit mit Hanna
    er selber will mit ihr in den Osterferien eine Radtour machen
    seine Mutter fand er immer peinlich in dem Alter, aber auf Hanna ist er stolz
    Michael musste kämpfen, um das Schuljahr zu absolvieren
    stark macht ihn Hanna durch ihre Treffen und indem er ihr vorlas
    Kapitel 10
    in den Osterferien steigt er gleich am ersten Tag um halb fünf morgens in den Zug
    auch Hanna ist mit Zug unterwegs
    er setzt sich in den zweiten Waggon und sie sitzt im ersten
    sie ignoriert ihn und er steigt in Schwetzingen aus
    später geht er zu ihr nach Hause mit Traurigkeit und Enttäuschung
    er bekommt nur Ignoranz zu spüren und sie meine, dass er sie nicht kennen wollte im Zug
    er wird aus der Wohnung raus geworfen, aber in einer halben Stunde ist er wieder da
    er nimmt die Schuld auf sich
    er gibt immer öfters nach, wenn sie sich streiten, egal ob er Unrecht oder Recht hat
    Kapitel 11
    Später fahren sie gemeinsam für 4 Tage mit dem Fahrrad weg
    um für Hanna zu sorgen, verkauft er seine Briefmarkensammlung
    sie selber mag es in dieser Zeit, sich um nichts kümmern zu müssen
    den einen Morgen schreibt er einen Zettel, um Hanna zu überraschen
    er holt Frühstück und eine Rose
    sie ist enttäuscht und schlägt ihm mit dem Gürtel ins Gesicht
    er nimmt wieder die schuld auf sich 
    Kapitel 12
    Michael wollte die letzte Ferienwoche noch mit Hanna verbringen
    die Eltern sind im Urlaub
    die kleine Schwester erpresst ihn
    er muss Kleider klauen für sie, da sie diese Woche zu einem Bekannten gehen würde
    er stiehlt auch ein Nachthemd für Hanna
    sie schlafen miteinander

    Kapitel 13
    Michael beschreibt den Wechsel von der Unter- in die Obersekundarstufe
    er kam in eine neue Klasse
    er lernt Sophie kennen, mit der er sich gut verstehe
    Kapitel 14
    er liest ihr Krieg und Frieden vor
    eines Tages schauen die Beiden sich Kabale und Liebe im Theater an
    er merkt, dass er sich lieber mit seinen Freunden im Schwimmbad treffen würde,  als bei Hanna zu sein
    er feiert seinen Geburtstag im Schwimmbad und geht zu Hanna
    aber es artet im Streit aus und er schlichtet wieder
    Kapitel 15
    Michael traut sich nicht, sein Geheimnis mit Hanna an Sophie weiter zu erzählen, obwohl er großes Vertrauen zu ihr hat
    Kapitel 16
    Michael erfährt nie, was Hanna sonst noch macht außer ihre Arbeit und ihr Zusammenleben
    sie selber weicht den Fragen aus
    Kapitel 17
    Michael ist mit seinen Freunden im Schwimmbad 
    er sieht von weiten Hanna, dennoch geht er nicht zu ihr
    als er zu ihr geht, ist sie verschwunden
    er probiert alles, um sie wiederzufinden, doch vergeblich
    er beschreibt seine qualvollen Tage ohne Hanna

    Zweiter Teil

    Kapitel 1
    Michael ist älter geworden
    Michael verdrängt die Erinnerung an Hanna
    er will sich nie wieder demütigen lassen
    Kapitel 2
    nach ihrem verschwinden, sieht er sie zum ersten Mal im Gerichtssaal bei einem KZ-Prozess wieder
    er selber absolviert nun ein Jurastudium
    Kapitel 3
    bei der Gerichtsverhandlung erfährt Michael, dass Hanna in Auschwitz und in einem Arbeitslager bei Krakau als Wächterin eingesetzt war
    sie selber hatte sich dafür freiwillig gemeldet, obwohl sie eine Stelle bei Siemens hätte haben können
    Michael selber kann aber nichts mehr für sie empfinden
    Kapitel 4
    Michael betrachtet Hanna genau und versucht sie sich vorzustellen
    er nimmt jeden Tag am Prozess teil und wird jeden Tag mit dem Ereignis aus dem KZ konfrontiert
    Kapitel 5
    die Anklage heißt für Hanna, dass sie eine von fünf Aufseherin gewesen sein soll
    mehrere Frauenhäftlinge sind in einer Bombennacht in einer Kirche umgekommen
    die Anklagepunkte lauten, dass sie in dieser Nacht nicht die Türen geöffnet habe und deswegen viele Frauen verbrannten
    eine Mutter mit ihrer Tochter hat aber diesen Anschlag überlebt und diese sind später nach Israel ausgewandert
    die Tochter ist auch in dieser Gerichtsverhandlung anwesend
    Kapitel 6
    Hanna verwickelt sich in Widersprüche zwischen ihr und dem Protokoll, welches sie unterschrieben haben soll
    sie selber redet mit keiner Angeklagten und meint, dass die anderen Werterinnen falsch aussagen
    Hanna bekennt sich, dass sie Arbeiterinnen bewacht hat
    Kapitel 7
    Hanna verstrickt sich immer wieder in Widersprüche
    es stellt sich heraus, dass sie Schützlinge unter den Häftlingen hatte
    sie sorgt sich um die Häftlinge und diese lasen ihr am Abend vor

    Kapitel 8
    Michael liest in dem englischen Buch der Tochter
    es zeigt die Momente in der Kirche, als die Bomben einschlugen
    man bekommt auch mit, wie die Mutter mit ihrer Tochter dem Schicksal entkamen
    Kapitel 9
    alle Angeklagten versichern ihre Unschuld außer Hanna
    Hanna meint, dass sie den Bericht gemeinsam verfasst hätten
    doch die Mitangeklagten sagten, Hanna hätte den Bericht alleine geschrieben
    später gesteht sie, dass sie den Bericht alleine geschrieben hat
    sie hat auch deshalb die Türen der Kirche nicht geöffnet, da sie Angst hatte, dass alle Gefangenen fliehen würden und damit ihre Aufsichtspflicht verletzen würde
    Kapitel 10
    Michael kommt darauf, dass Hanna nicht schreiben und nicht lesen könne und hätte Angst sich zu blamieren
    deshalb gibt sie zu, den Bericht geschrieben zu haben
    Kapitel 11
    alle Angeklagten schieben die Schuld auf Hanna
    sie soll angeblich die Befehle erteilt haben
    Michael überlegt sich in den Prozess sich einzumischen  
    Kapitel 12
    Michael spricht mit seinem Vater über den Prozess und haben keine Lösung für das Problem
    Kapitel 13
    die Verhandlung wird wegen der Mutter, als Hauptzeugin, nach Israel verlegt
    Michael versucht sich Hanna als KZ-Aufseherin vorzustellen und kann sich nicht auf das Studium konzentrieren
    Kapitel 14/15
    Michael beschließt zum Konzentrationslager Struthof zu fahren
    er wird von einem Mann mitgenommen
    sie kommen ins Gespräch über das Dritte Reich und deren Massenmorde
    der Fahrer meint, dass die Offiziere nur ihre Arbeit gemacht hätten
    als Michael ihn anspricht, ob er Offizier gewesen sei, wirft er ihn aus seinem Wagen
    die Besichtigung des Arbeitslagers in Struthof hilft ihm auch nicht weiter
    ohne den Häftlingen kann er sich die Situation gar nicht vorstellen
    Kapitel 16
    Michael will das Spiel von Hanna aufdecken, schafft es aber dennoch nicht
    Kapitel 17
    Hanna bekommt lebenslänglich und die anderen begrenzte Freiheitsstrafen

    Dritter Teil

    Kapitel 1
    Michael pflegt keine Kontakte mehr zu Mitmenschen
    dennoch wird er von einer Gruppe Studenten auf eine Skihütte eingeladen
    dort nimmt er keine Achtung auf seine Gesundheit
    er erkältet sich und bekommt hohes Fieber
    Kapitel 2
    Michael heiratet Gertrud, eine ehemalige Studentin, die er auf der Skihütte kennen gelernt hat
    später bekommt er mit ihr ein Kind
    nach fünf Jahren lässt er sich scheiden
    auch alle seine anderen Beziehungen gehen zu Bruch
    die Erinnerungen an Hanna belasten ihn noch immer
    Kapitel 3
    Michael erfährt den Tod des Professors vom KZ-Seminar
    bei der Beerdigung trifft er einen alten Studenten, den er kennt
    dieser befragt ihn über die Beziehung mit Hanna und Michael ergreift sofort die Flucht, ohne sich zu verabschieden
    Kapitel 4
    Michael arbeitet zunächst als Professor und später in einer Forschungseinrichtung
    Kapitel 5
    Michael beginnt, für Hanna auf Kassetten „vorzulesen“
    diese schickt er in das Gefängnis
    Kapitel 6
    nach vier Jahren bekommt Michael von Hanna eine handschriftliche Nachricht
    dadurch weiß er, dass Hanna im Gefängnis lesen und schreiben gelernt hat
    sie schickt immer wieder kurze Kommentare an Michael für die Kassetten, die er geschickt hat
    Kapitel 7
    nach neun Jahren erhält Michael einen Brief von der Gefängnisleiterin
    sie erzählt, dass Hanna im folgenden Jahr entlassen werden soll
    er soll die Kontaktperson nach ihrer Entlassung sein und er solle sie mal besuchen
    Michael organisiert für sie Arbeit und eine Wohnung
    Kapitel 8
    Michael besucht Hanna im Gefängnis
    Michael ist von Hannas stark veralteten Gesicht geschockt
    er selber fühlt sich verfremdet zu Hanna

    Kapitel 9
    Michael bereitet alles für Hannas Besuch vor
    er ruft noch ein letztes Mal im Gefängnis an und spricht erst mit der Gefängnisleiterin und dann mit Hanna über ihre Entlassung
    Kapitel 10
    als Michael am nächsten Morgen ins Gefängnis kommt, erfährt er, dass Hanna sich erhängt hat
    zusammen mit der Leiterin besucht er ihre Zelle
    dort liegt Hannas Testament, in dem steht, dass Michael das gesparte Geld von ihr der Tochter geben soll, die den Anschlag mit ihrer Mutter überlebte
    Michael will noch einmal einen Blick auf Hannas Leiche werfen
    Kapitel 11
    Michael fährt nach New York, um der Tochter das Geld zu übergeben
    er erzählt über die Beziehung zwischen Hanna und ihm
    beide beschließen das Geld an eine jüdische Vereinigung zur Bekämpfung des Analphabetismus im Namen von Hanna zu spenden
    Kapitel 12
    nach zehn Jahren geht er ein einziges Mal zu Hannas Grab
    dort legt er das Dankschreiben der "Jewish League of Illiteracy“ ab mit Hannas Namen darauf

  • Der Vorleser Interpretation

    Der Vorleser Interpretation

     

     

     

    Kapitelanalyse zum Roman „Der Vorleser“ von Bernhard Schlink

    Analyse des 10. Kapitels

     

     

    Der Roman „Der Vorleser“ von Bernhard Schlink, der 1995 erstmals veröffentlicht wurde, handelt von dem gesellschaftlichen Umgang mit der NS-Vergangenheit und den daraus resultierenden Fragen nach der Schuld an den Naziverbrechen. Im Folgenden werde ich das Kapitel 10 (Seite 125-129) aus dem zweiten Teil der Erzählung analysieren.

    Der Erzähler schreibt in der Ich-Form, die sich größtenteils personal und damit meist rückblickend verhält. Es handelt sich um ein “erinnerndes Ich”, das sich nicht nur auf die Außensicht beschränkt, sondern auch von einem inneren Standpunkt aus erzählt. Über Hannas Gefühle kann es jedoch nur spekulieren. Durch die häufige Vergegenwärtigung des Erzählers über das Geschehen kommt es zu Wechseln von auktorialer Distanzierung zu personalem Erleben. Er ist den erzählten Vorgängen gerade deshalb gegenüber affirmativ und skeptisch-schwankend, weil er diese aus seiner aktuellen Sichtweise retrospektiv betrachtet.

    In den vorhergehenden Kapiteln erfährt man, dass der 15-jährige Michael sich durch einen einfachen Zufall in Hanna, eine Schaffnerin von 36 Jahren, verliebt und diese seinem körperlichen Wunsch nach Nähe entgegenkommt. Hanna ist sehr bestimmend und hat zusätzlich die etwas “merkwürdige” Bitte, dass der Jugendliche ihr bevor sie den Akt des Beischlafes vollziehen, von Tag zu Tag vorliest. Es handelt sich hierbei hauptsächlich um allgemein bekannte Romane. Nach einer andauernden, geheimen und gesellschaftlich-unmoralischen Beziehung zwischen den beiden, verschwindet Hanna ganz plötzlich. Michael ist geschockt und gibt sich selbst die Schuld dafür, dass er von dieser, meist sehr stimmungschwankenden und temperamentvollen, Frau verlassen wurde. Jahre später trifft er sie während seines Jurastudiums in einem gerichtlichen Prozess wieder, in dem sie selbst zu den Angeklagten gehört. Sie wird beschuldigt als KZ-Aufseherin tätig gewesen zu sein und hunderte von Menschen in ihren Tod nach Auschwitz geschickt zu haben. Zusätzlich habe sie mit anderen Aufseherinnen Frauen in einer Bombennacht in eine Kirche eingesperrt und diese nicht befreit, nachdem eine Bombe darauf gefallen war und die Kirche Feuer gefangen hatte. Für Michael ist es auffällig, dass Hanna sich selbst immer weiter in die Schuld verwickelt und auf die gerichtliche Verhandlung nur wenig vorbereitet zu sein scheint.

    Im Nachfolgenden erfährt man, dass Hanna durch ihre ungeschickte Verteidigung zur lebenslänglichen Haftstrafe verurteilt wird. Michael nimmt wieder Kontakt zu ihr auf, indem er ihr Aufnahmen von sich schickt, in denen er ihr vorliest. Einen Tag bevor Hanna jedoch wieder aus dem Gefängnis entlassen wird, begeht sie Selbstmord.

    Das Kapitel 10 handelt von der Erkenntnis des Protagonisten Michaels, dass seine Jugendliebe Hanna Analphabetin ist. [Der Anfang der Textstelle handelt allein von Erinnerungen des Ich-Erzählers. Er berichtet davon, dass er nicht mehr weiß, was genau er sich während der Gerichtsverhandlungen Nützliches für sein Studium angeeignet hat, aber dass er sehr gern in den Wald geflüchtet ist und davon geträumt hat zu reisen. Dort denkt er über Vieles nach.] Ihm fallen einige Hinweise von früheren Situationen ein, die ihn nach langem Nachdenken zu dem Entschluss bringen, dass Hanna nicht lesen und schreiben kann. Michael glaubt, dass sie während des Gerichtsprozesses nur aus dem Grunde aussagt und sich somit selbst verschuldet, sie hätte einen Bericht über den Ablauf des angeklagten Deliktes geschrieben, damit die Richter nicht ihre Schrift analysieren, falls der wirkliche Verfasser sich nicht freiwillig preisgibt. Gegen Ende der Textstelle fragt er sich schließlich wer die Schuld daran trägt, dass er sie verlassen hat. Daraufhin findet er keine genaue Antwort, aber er gibt sich selbst die Schuld dafür, dass er eine Verbrecherin geliebt hat.

     

     

     

    Im behandelten Kapitel 10 behält ausschließlich Michael, der Erzähler das Wort. Schon zu Beginn reflektiert er über Vergangenes: „An die feiertäglichen Seminarsitzungen habe ich keine Erinnerungen[…] Worüber haben wir gesprochen?“(S. 125, Z. 2-5). Im nächsten Absatz fängt der Erzähler dann an zu beschreiben: „Aber ich erinnere mich an die Sonntage. Von den Tagen im Gericht brachte ich einen mir neuen Hunger nach den Farben und Gerüchen der Natur mit“ (S. 125, Z. 7-9). Auf der nächsten Seite fängt er daraufhin an zu kommentieren: „Sie hat nichts Besonderes und hatte damals nichts Besonderes…“(S. 126, Z. 12-13). Des Weiteren spekuliert er öfter, was man an der Häufigkeit der Fragesätze im vorliegenden Kapitel erkennen kann.

    Der räumliche Standort Michaels ändert sich zwischendurch. Anfangs ist er noch mit seinen Erinnerungen bei den Gerichtsverhandlungen, dann wechselt er in die Natur, beschreibt diese und ist dann schließlich in einem Wald, in dem sich ihm Hannas Geheimnis enthüllt. Er denkt an die Zeit zurück, in der er mit dieser Frau zusammen war und denkt an die vielen Dinge, die sie gemeinsam unternommen haben. Der Ich-Erzähler berichtet also von einem Zeitraum, der mehrere Monate zusammenfasst und schließlich wieder bis in die Gegenwart reicht. Die Person, über die Michael größtenteils reflektiert ist Hanna. Alle anderen spielen für ihn eine weniger wichtige Rolle und spricht sie nur kurz an: „Weil sie das Buch der Tochter wie auch die Anklage nicht hatte lesen…[können]“ (S. 127, Z. 14-15). In diesem Zitat bezieht sich das „sie“ auch wieder nur auf Hanna, genauso wie in unzähligen weiteren Sätzen.

    Der Text ist in mehrere einzelne Paragraphen unterteilt, die mit dem Inhalt in Verbindung gesetzt werden können. Auf Seite 126 in der vorletzten Zeile findet man eine eher ungewöhnliche äußerliche Einschiebung des Absatzes. „Hanna konnte nicht lesen und schreiben.“ Ganz plötzlich nachdem der Erzähler noch bei Naturbeschreibungen war, macht er einen Sprung und kommt auf Hanna zurück. Der Satz ist jedoch von großer Gewichtigkeit für den Rest der Lektüre. Dass Hanna Analphabetin ist, lässt die Frage nach der Schuld der KZ-Verbrechen in ein neues Licht rücken. Des Weiteren versucht Michael nachzuvollziehen und Rechtzufertigen, warum die Frau, die er so geliebt hat, ohne Widerwillen bei der SS angefangen hat und stets das getan hat, was ihr befohlen wurde. Er fühlt sich schuldig dafür, dass er solch starke Gefühle für Hanna gehabt hat und versucht einerseits die Schuld von sich zu lenken indem er Hannas Taten beschwichtigt: „Das sie sich schämte, nicht lesen und schreiben zu können, und lieber mich befremdet als sich bloßgestellt hatte, verstand ich“ (S. 127, Z. 21-23). Andererseits will er sie verurteilen, da er es sich selbst nicht zu erklären weiß wie man Hannas Verhalten rechfertigen könnte, was in den Zeilen 25-27 deutlich wird: „Aus Angst vor der Bloßstellung als Analphabetin das Verbrechen?“. Selbst wenn eine Person nicht lesen oder schreiben kann, hätte sie doch Unterscheiden können wie viel Unrecht den Menschen in der NS-Zeit widerfahren ist.

    Die Sprache, die Schlink in seinem Roman verwendet ist kein Deutsch für hoch gebildete oder belesene Leute, sondern für fast jede Schichtgruppierung einfach nachzuvollziehen.

    Meiner Meinung nach, liegt die Intention des Autors darin, das Thema der NS-Vergangenheit aufs Neue zu aktualisieren, damit die Leser sich an die damaligen Verbrechen erinnern um Katastrophen dieses Ausmaßes zukünftig vermeiden zu können. Außerdem will er zeigen, dass ein solches Ereignis seine Zeit braucht um von jedem verarbeitet zu werden und die Schuldfragen, die aufkommen nicht immer ganz eindeutig beantwortet werden können, da immer noch ein Unterschied gemacht werden muss zwischen den Menschen, die nur Anweisungen befolgt haben um ihr eigenes Leben zu schützen und denen, die emphatisch zu dem Holocaust beigetragen haben.

    Meiner Meinung nach ist Schlinks Roman wirklich „lesenswert“ und die Thematik, die er anspricht spannend und interessant geschildert. Es gibt einem den Anlass Nachzudenken, sich vielleicht sogar selbst besser kennen zu lernen und auch mit der Frage nach Schuld wachsamer umgehen zu können, indem man versucht sich in die Charaktere hineinzuversetzen.