Kurze Inhaltsangabe von Tauben im Gras
Wir haben es mit einem Roman zu tun, der als erste Ausgabe eine dreiteilige eröffnet und aus der Feder von Wolfgang Koeppen stammt. Der Autor nennt in seinem Werk weder Zeit noch Ort, doch anhand der Handlung lässt sich vermuten, dass der Roman auf die Jahre 1949 – 1951 in München verweist. Zu den beiden Hauptakteuren – wenn man es so nennen mag – gehören Philipp und Emilie, seine Frau. Dem Autor ist es mit „Tauben im Gras“ gelungen, seinen Lesern ein unmittelbares Bild von Deutschland kurz nach dem Kriegsende bis hin zum Wirtschaftswunder zu geben. Dabei hat er auf eine Charakterisierung seiner Hauptcharaktere und Nebenfiguren verzichtet. Auch die Handlung setzt sich anstelle aus einem geschlossenen Handlungsstrang aus mehreren Episoden zusammen. Wir finden weder einen schlüssigen Anfang noch ein klar definiertes Ende von Tauben im Gras.
Ausführliche Zusammenfassung von Tauben im Gras
105 Episoden zeichnen gesellschaftliches Abbild einer Zeit
Der Roman ist vielmehr als eine Art Verflechtung über 100 Ländern sowie kürzeren Abschnitten zu verstehen. Die Handlung setzt mit dem Schauspieler Alexander ein, der es sich vorgenommen hat, einen neuen Film zu drehen. Der Film soll den Titel „Erzherzogliebe“ tragen. Alexander und seine Frau Messalina haben eine gemeinsame Tochter namens Hillegonda. Ihre Tochter wird von dem Kindermädchen Emmi betreut. Sie ist der Meinung, dass die gemeinsame Tochter der beiden ein Kind der Sünde sei und stets völlig trivialen Gesprächen ausgesetzt ist. Alexander beauftragt den Schriftsteller Philipp als seinen zukünftigen Drehbuchautor. Seine Frau Emilia ist von diesem Engagement begeistert und unterstützt ihren Mann Philipp mit Geldern für den Film. Der zeigt sich wiederum zunehmend überfordert von diesem Auftrag. Sie beginnt damit, verschiedene Einrichtungsgegenstände und Antiquitäten zu verkaufen.
Rassistische Vorurteile und Gegensätze
Ein paar Häuser weiter – nicht weit entfernt von den gemeinsamen Wohnung von Philipp und Emilia – steht das Café „Schön“, in dem sich regelmäßig die amerikanischen GIs treffen. Hier treffen wir auf zwei Figuren: den dunkelhäutigen Soldaten Washington Prince und seine Freundin Carla. Carla ist schwanger von Washington zum Unwillen ihrer Mutter, die über die Beziehung ihrer Tochter mit einem dunkelhäutigen Mann nur die Nase rümpft. Sie scheint es fast geschafft zu haben, Carla dazu zu bringen, das gemeinsame Kind abzutreiben. Glücklicherweise gelingt es Washington, die Abtreibung zu verhindern. Da ist dann noch der Sohn von Carla: Heinz bewundert Washington als Sportler, obwohl er ihn eigentlich aufgrund seiner Hautfarbe verachten sollte. Er sieht sich mit einem inneren Konflikt konfrontiert.
In der nächsten Episode kommt zu einem Baseballspiel. Dies ist der Zeitpunkt, als sich die Schicksale der Personen im Buch verknüpfen. Bei diesem Treffen kommen Washington, der Ex GI Odysseus, Josef der Dienstmann und sein Sohn Ezra zusammen. Ganz nebenbei erfährt der Leser, dass Washington, mit dem Gedanken spielt, in Paris ein Café zu eröffnen.
Desinteresse der Gesellschaft an der Philosophie
Philipp und Emilia besuchen regelmäßig den Psychiater und ehemaligen Militärarzt Dr. Behude, der ebenso interessiert an einem Vortrag des Schriftstellers Edwin ist. Auch Messalina – Alexanders Frau – möchte sich diesen Vortrag nicht entgehen lassen. An dieser Stelle ahnt der Leser noch nicht, dass mit dem Vortrag die ganze Situation in einem Desaster endet, da die Lautsprecheranlage nicht mitspielt. Von dem aufkommenden Krach fühlt sich der Lehrer Schnakenbach gestört, der sich gerade mitten in seinen Recherchen über die medizinische Entwicklung der USA befindet. Doch selbst als die technischen Probleme behoben waren, und Edwin endlich mit dem Vortrag startet, kann er sich nur über wenig interessiertes Publikum freuen.
Philipp spürt seine Überforderung
In der Zwischenzeit geht es mit der Handlung zurück zu Schriftsteller Philipp. Er fühlt sich zusehends überfordert mit der Aufgabe, ein Drehbuch zu verfassen. Darüber hinaus bekommt er ein lukratives Angebot von der Tageszeitung „Neues Blatt“, das ihn bittet, mit Edwin ein Interview zu führen. Philipp wird damit betraut, ein sensibles Thema anzusprechen und mit Edwin über einen potentiell möglichen dritten Weltkrieg zu diskutieren. Philipp versagt abermals. Er traut sich nicht einmal, den Wissenschaftler anzusprechen.
Es geht nun zurück in das Café „Schön“. Hier zetteln mittlerweile alkoholisierte Gäste eine Schlägerei an. Mitten in der Schlägerei befindet sich Odysseus, sein Anwalt und Washington. Die ganze Situation bauscht sich immer weiter auf. Die Anwesenden versuchen, Washington und Carla zu steinigen. Auch Heinz wird versehentlich mit Steinen attackiert. Wissenschaftler Edwin wird mittlerweile von einem Jungen vom Straßenstrich schwer verprügelt. Die Jungen denken, er sei ein wohlhabender alter Mann und haben sich vorgenommen, ihn auszurauben.
Steinigung im Café „Schön“ – absurdes Ende
Was auf uns Leser wie ein Sammelsurium unterschiedlicher Gegebenheiten und Episoden sowie kuriose Ereignisse wirkt, ist ein Querschnitt des Autors durch das gesamte gesellschaftliche und moralische Leben sowie die herrschenden rassistischen Verhältnisse kurz nach dem Zweiten Weltkrieg. Gerade das Fehlen der positiven Werte und Maßstäbe der Gesellschaft kommt in den einzelnen Situationen klar zum Ausdruck. Im Kleinbürgertum herrscht vor allen Dingen Aussichtslosigkeit. Dies möchte der Autor durch die inneren Monologe sowie durch die sehr plastischen Vergleiche potentieller Gefahren zum Ausdruck bringen. Diese Situationen lassen sich bis in den Tod hinein steigern. Dies offenbart wiederum die Ausweglosigkeit vieler Menschen in einer der schwersten Zeiten Deutschlands. Betrachten wir nun diesen Roman unter analytischen Gesichtspunkten, lässt sich eine Menge herausnehmen aus einer Zeit, in der Deutschland sich aus dem gesellschaftlichen und moralischen Tiefpunkt mühselig heraus bewegte.
Tauben im Gras – erster Roman einer Trilogie
Dieser erste Roman ordnet sich in die Trilogie des Scheiterns ein. Darüber hinaus schaffte es der Roman in Marcel Reich-Ranickis 20 Bände des umfassenden Kanons der deutschsprachigen Romane. Insgesamt lassen sich 105 Erzählsequenzen unterscheiden, die in Episoden aufgeteilt werden. Immer wieder gelingt es dem Autor, die einzelnen Sequenzen geschickt miteinander zu verknüpfen und auf diese Weise für die ein oder anderen verwirrenden Überraschungsmomente zu sorgen. Eines der Hauptcharakteristika von „Tauben im Gras“ ist das Fehlen eines wirklichen Hauptakteurs und Protagonisten. Der Leser kann sich an keiner Figur orientieren. Jedes Mal, wenn man sich an eine der handelnden Personen gewöhnt hat, wechselt die Situation an einen anderen Ort. Über 30 Personen treten immer wieder in der Handlung auf und nur ganz Wenige entwickeln einen wirklichen Charakter.
Die wichtigsten Charaktere des Romans
Da ist der frustrierte Schriftsteller Philipp, der einfach nicht in der Lage ist, seinen Worten Ausdruck zu verleihen. Er agiert als Außenseiter der Gesellschaft und fühlt sich zunehmend isoliert. Der Schriftsteller lässt sich mit einer Art modernem, neuen Hamlet vergleichen, denn das eigene Grübeln und Verhalten hindert ihn am eigentlichen Handeln. Seine Frau Emilie war noch vor dem Krieg eine äußerst wohlhabende Erbin. Von ihrem einstigen Reichtum blieben ihr nur einige Häuser. Doch diese verursachen viel mehr Kosten, als sie Geld bringen. Sie beginnt damit, ihre Antiquitäten und Habschaften zu veräußern, um wieder zu Geld zu kommen.
Rassendiskriminierung und stereotype Überbleibsel des Krieges
Odysseus ist einer der beiden dunkelhäutigen Amerikaner und Soldaten. Er bildet einen wirklichen Konterpart zum Schriftsteller Philipp. Er handelt aktiv und ist bei diesem wichtigen Ereignis zugegen. Emil ist der Gepäckträger, einer der einzigen stabilen Charaktere in dem Buch. Damals zur NS-Zeit war er lediglich ein Mitläufer und grübelt noch heute über die Vergangenheit. Er wird im Verlauf des Romans erschlagen, der Leser wird nicht erfahren, ob Odysseus der eigentliche Mörder ist. Auch der Sportler Washington ist dunkelhäutig. Er sieht sich in einer Welt ohne Rassendiskriminierung und glaubt immer noch an seine persönlichen Träume. Seine Geliebte Carla ist von ihm schwanger. Sie wird wie die anderen weiblichen Akteure in diesem Buch eher negativ beschrieben. Zum Ende des Romans werden beide Opfer rassistischer Ausschreitungen in dem Café „Schön“. Zu guter Letzt wollen wir Mr. Edwin nicht vernachlässigen, einen philosophierender Dichter, der in der Stadt einen Vortrag hält, für den sich eigentlich keiner interessiert. Die Anwesenden sehen in seinem Vortrag lediglich eine Art gesellschaftliches Ereignis und eine gelungene Abwechslung vom Alltag.
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