Die Spinnerin Nachtlied Goethe Analyse

Clemens Brentano (1778-1842) : Der Spinnerin Nachtlied (1802)

Es sang vor langen Jahren Wohl auch die Nachtigall, Das war wohl süßer Schall, Da wir zusammen waren.

Ich sing' und kann nicht weinen, Und spinne so allein
Den Faden klar und rein
So lang der Mond wird scheinen.

Als wir zusammen waren Da sang die Nachtigall
Nun mahnet mich ihr Schall Daß du von mir gefahren.

So oft der Mond mag scheinen, Denk' ich wohl dein allein. Mein Herz ist klar und rein, Gott wolle uns vereinen.

Seit du von mir gefahren, Singt stets die Nachtigall, Ich denk' bei ihrem Schall, Wie wir zusammen waren.

Gott wolle uns vereinen
Hier spinn' ich so allein,
Der Mond scheint klar und rein, Ich sing' und möchte weinen.

 

Analyse

Keine individuelle, konkret erlebte Liebeserfahrung des lyrischen Ichs
o Versinnbildlichen der Trauer über das verlorene einstige Paradies und der Sehnsucht nach Erneuerung dieses ursprünglichen Zustandes mithilfe des

geschilderten Gefühls von Liebe und Liebesverlust Liebesverlust als Anlass zu Wehmut und Trauer

Das Lied der Nachtigall:

  1. Stimme der Liebe im Zustand der Einheit

  2. Stimme der Klage und Sehnsucht im Zustand der Trennung

  3. Erinnerung an die verlorene Einheit

Wortlose Stimmung der Natur

Das Lied der Spinnerin:

  1. Ausdruck der Liebe im Zustand der Entfremdung und Einsamkeit

  2. Ausdruck der Klage und des Trennungsschmerzes

  3. Gebet mit der Bitte um Vereinigung mit dem Toten

Interpretation des Nachtigallliedes

Die Romantik poetisierte die Welt. Die Liebeslyrik der Romantik zeigt, wie die Liebe den ganzen Menschen ergreift. Sie wird zum Blick auf das Innerste, die Seele, das Wesen. Sie bildet aus zwei Menschen eine höhere Einheit.

Vergangenheit

Gegenwart

Zukunft

Einheit

Erinnerung

Vereinigung in einem dritten Zustand

Liebe

Sehnsucht

Erfüllung

Ursprüngliche Harmonie

Hoffnung

Wiedergewonnene Harmonie

Einklang mit der Natur: das verlorene Paradies

Entfremdung (monotone Arbeit)

Das neue Paradies

Gleichklang mit dem Lied der Nachtigall

Das Lied der Nachtigall als Erinnerung

 

Judith Kalinowski Abitur 2012 Deutsch-LK Gymnasium im Schloss

Was konnte die Zukunft der Vergangenheit voraushaben? – Die Erfahrung der Entfremdung, das Bewusstwerden des ursprünglichen Glücks

Merkmale des Volkslieds

  • –  Dreihebige Vierzeiler

  • –  Schlichtheit im Ausdruck

  • –  (scheinbar) einfache Reimform

  • –  Sangbarkeit

  • –  Volkstümlichkeit der alltäglichen Situation (Gesang am Spinnrad)

  • –  Allgemeinmenschliche Erfahrung des lyrischen Ichs (Tod des Geliebten)

    Merkmale des Kunstliedes

  • –  Raffinesse der Struktur

  • –  Keine Naivität, sondern hohe Bewusstheit

  • –  Philosophische Grundidee: Bewusstwerden des Glücks durch Entfremdung, Rückkehr ins

    Paradies auf höherer Stufe

    Allgemeines:

Fazit: kein naives, sondern ein mit hohem Kunstverstand konstruiertes Volkslied wie die Spinnerin befindet sich auch der Dichter nicht mehr im Paradies der Unschuld, sondern muss es rekonstruieren.

 
 
 
 

Strophe 1,3,5

 
 

Strophe 2,4,6

 
 
 
 

6 Strophen á 4 Verse

 
 
 
 
 

Regelmäßiges Reimschema und Versmaßdreihebige Jamben, umarmender Reim (abba/ cddc)

 
 

-aren/ -all

 
 
 

-einen/ -ein

 
 
 
 

Reimwörter im Paarreim identisch: Nachtigall, Schall

 

Reimwörter im Paarreim identisch: Allein, rein

 
 
 
 

Kadenzen: weibliche im umarmenden Reim, männliche im Paarreim

 
 
 
 

Gesang der NachtigallErinnerungsmotiv Nachtigall = eines der wichtigsten romantischen Motive; verbindet Lyrik mit Musik (Verbindung der Künste)

 

Leuchten des MondesSehnsuchtsmotiv
Lyr. Ich denkt so lange, wie der Mond scheinen wird, an den Geliebtenfür immer

 
 

a- Assonanzen

 
 
 

Ei- Assonanzen

 
 

Präteritum

Präsens

 
  • –  Reime, gleichmäßige Betonung liedhaft

  • –  Gleichmäßigkeit und Regelmäßigkeit Ruhe, pausenlose Sehnsucht

  • –  Aufbau des Gedichtes Bewegung des Spinnrades Auf und Ab der Erinnerungen und

    HoffnungenSpinnrad taucht nur zweimal und unauffällig auf, dennoch zentrales Motiv

  • –  Strenger Wechsel der Klangreize

o Kreuzreimende Bewegungen zwischen den Strophen wie das Echo „Gott wolle uns vereinen“ oder Variationen wie „So oft der Mond wird scheinen“ und „So lang der Mond wird scheinen“

o Gefühl der Monotonie: umarmende Reime, Klang, der immer nach gleichem Schema auftritt Spinnrad

– Zeitbewegung: Vergangenheit Gegenwart, Zukunft Vermischung der Zeiten: Symmetrie/ StillstandAuch Spinnerin ist in ihrer Situation gefangen

o 3. Strophe: Getrennt- und Zusammensein („Als du von mir gefahren“; „Daß du von mir gefahren“)

o 4. Strophe: Getrenntsein und Vereinigung („…denk ich an dich allein“; Vereinigung durch Gott)

o 5. Strophe: Getrennt- und Zusammensein
o 6. Strophe: Getrenntsein und Vereinigung; Bruch in Liedhaften Form (alle Verse sind

Hauptsätze)

  • –  Wiederauftauchen der MotiveKreisbewegungSpinnradTeufelskreis

  • –  Ausnahme der Wiederholungen in anderen Variationen: „Gott wolle uns vereinen“ ohne

    Variation 2 mal im Liedlyrisches Ich hat starke Sehnsucht und Hoffnung auf Vereinigung in der ZukunftHoffnung verändert sich genauso wenig wie Satz

o Vereinigung kann nur im Jenseits eintreten (Geliebter ist gestorbenSpinnerin wendet sich an Gott)

Kommentare

Eine Antwort zu „Die Spinnerin Nachtlied Goethe Analyse“

  1. Avatar von khadidja sadou
    khadidja sadou

    bitte geban sie mir alle interprttionen der kurzgeschichten von borchert

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